Skyline von New York im Winter. Foto: pixabay / mpewny

New York-Reiseführer: Cool zu bleiben ist unmöglich – zum Gospelgottesdienst in die Times Square Church

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Leseprobe New York Stadtabenteuer, Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag.

Steckbrief

Wo?

237 West 51st Street, 50 St Subway Station mit Linie 1

Wann?

Sonntag um 10 Uhr

Wie lange?

2 Stunden

Wie viel?

Kostenlos

Wichtig! Wer einen Sitzplatz bekommt, sollte bis zum Ende bleiben

Stellen Sie sich vor,

die Kirche wäre ein Theater und die Liturgie ein Musical, in dem Gott stimmgewaltig besungen wird. Klingt nach einem Gospelgottesdienst in Harlem? Fast! Den Gemeinden Harlems sind die Busladungen voller Schaulustiger auf der Suche nach afroamerikanischer Lebensart inzwischen eher lästig. Wen wundert’s? In der Times Square Church am Broadway soll das noch anders sein. Mit gedämpften Erwartungen betrete ich die von außen schmucklose Kirche – deren Innenraum meine Vorstellungen in jeder Beziehung übertrifft! Eine Riesenkuppel, Kronleuchter und goldene Barockelemente versetzen mich in eine feierliche Stimmung. Ich stehe in der Originallobby eines denkmalgeschützten Lichtspielhauses aus den 1930er- Jahren, wo mich ein Dutzend Gemeindemitglieder mit Handschlag willkommen heißen. Hammer, ich fühle mich sofort pudelwohl.

Wie seinerzeit im Kino wird man von einer Platzanweiserin zu einem der wenigen noch freien Sitze geführt. Wer nicht bis zum Ende des Gottesdienstes bleiben will, bekommt einen Stehplatz auf den Rängen zugewiesen. Die fast 1.600 Klappstühle und Logen des Theaters sind so gut wie alle belegt. Um kurz nach 10 Uhr heißt es Vorhang auf und Bühne frei. Weit und breit ist kein Pastor zu sehen, stattdessen füllt ein fast 80-köpfiger (!) Chor mit Orchesterbegleitung singend die Bühne. Hymnen? Fehlanzeige. Blues- und Popsongs graben sich wie Ohrwürmer durch jeden religiösen Vorbehalt. Der Virtuose am Klavier bringt mit seiner konzertreifen Leadstimme erste Gläubige ganz aus dem Häuschen. Viele Menschen um mich herum haben ihre Augen bereits geschlossen und singen inbrünstig mit. Schon schnellt ein dunkelhäutiger Gentleman zwei Reihen vor mir aus seinem Sessel und reißt die Arme in die Höhe. Eine ältere Dame aus Lateinamerika stößt drei Plätze neben mir Hallelujas aus und gerät in Ekstase. Mehr als 100 Nationen sind hier versammelt, alle christlichen Konfessionen vertreten. Auch ich lese längst die Texte von der Leinwand ab und stimme ungehemmt mit ein.

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Nach 50 Minuten tritt ein Pastor auf. Wie er da steht, in Anzug und Krawatte, könnte Carter Conlon auch Versicherungsvertreter sein. Wie er sich in Rage redet, eher Rebell oder Exorzist. Immer drängender appelliert er an die Gemeinde, dem Laster abzuschwören, wettert gegen den Präsidenten, die Politik und die Medien. Der Saal tobt. Kaum ist die Tirade vorbei, füllt sich das Haus wieder mit fröhlichem Gesang und rhythmischem Klatschen. Dann fallen sich glückliche Gläubige in die Arme, und wir werden mit Gottes Segen zurück auf den Broadway entlassen. Ich schwanke zwischen Unbehagen und Faszination, zwischen Widerstand und Begeisterung. Was zum Teufel war das? Ein Konzert? Eine Gehirnwäsche? Zumindest habe ich nun eine Ahnung, warum für Amerikaner die Religion so eine große Rolle spielt. Der Gottesdienst setzt Normen, schafft Gemeinsamkeit und weckt große Gefühle, denen man sich kaum entziehen kann. Gospel heißt ja so viel wie »gute Nachricht«. Meine gute Nachricht ist: Trotz verstörender Momente haben mir diese zwei Stunden richtig Spaß gemacht. Halleluja!

Wenn man schon mal hier ist:

An der nächsten Straßenecke wartet bereits ein weiteres musikalisches Abenteuer, die singenden Kellner und Kellnerinnen des Ellen‘s Stardust Diner. Auch das Hard Rock Café (1501 Broadway) und der BB King Blues Club & Grill (625 8th Avenue) untermalen den kulinarischen Genuss mit Beats und Klängen. Wer eher auf Spannung setzt, kann im Escape Spionagemuseum herausfinden, ob er sich für den Geheimdienst eignet.

Quelle: Michael Müller Verlag

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Titelfoto / Skyline von New York im Winter. Foto: pixabay / mpewny

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