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Europa-Geschichte an alten Fronten erleben

Frankreich und Flandern haben ein historisches Datum im touristischen Visier, das das Gedenken an die Vergangenheit wach halten soll: 100 Jahre I. Weltkrieg (1914-1918).

Die Wege der Erinnerung führen an die Orte solcher Schlachten wie Antwerpen, Ypern, Verdun, Somme, Marne, Loretto, Vimy, Le Cateau oder St. Quentin. Während die Nachbarn Deutschlands dieses Geschichtsereignis vorbereiten, ist aber ausgerechnet in unserem Land, das im Zentrum der Katastrophe stand, dieser Krieg entrückt. Allein der Historikerverband unterstützt das Projekt: “100 Jahre Erster Weltkrieg – Bilder, Briefe, Erinnerungen”. Das Vorhaben ist eine gemeinsame Initiative von Europeana, der Deutschen Nationalbibliothek und der Oxford University. Es ruft dazu auf, sich mit persönlichen Erinnerungsstücken aus der Zeit des Ersten Weltkrieges am Aufbau eines digitalen europäischen Archivs zu beteiligen (https://www.europeana.eu/portal/de/collections/world-war-I). An den damaligen Kriegsschauplätzen im Nordosten Frankreichs haben die Vorbereitungen zu den Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des 1. Weltkriegs im Sommer 1914 längst begonnen. Dabei legt die Region Nord-Pas-de-Calais den Schwerpunkt auf die internationale Dimension des Konflikts und erinnert daran, dass allein in dieser Region im Laufe des Krieges um die 600 000 Soldaten aus allen Erdteilen ums Leben kamen. Ein weiterer Ort der Erinnerung ist z.B. das Musée de la Grande Guerre in Meaux. Die bereits eröffneten Ausstellungen sind nicht nur für französische Besucher konzipiert, sondern auch für Deutsche und Briten. Alle Gedenkfeierlichkeiten werden am 28. Juni 2014 an verschiedenen Orten in der ganzen Welt beginnen und sich über vier Jahre erstrecken.

Nordfrankreich mit sichtbaren Spuren

Das Comité Régional de Tourisme Nord-Pas de Calais erinnert mit vier „Gedächtniswegen“ in Nordfrankreich an die Opfer des Ersten Weltkrieges. Zugleich unterstreichen diese aber auch die Bedeutung des Friedens und seiner Errungenschaften: der Freiheit und der Brüderlichkeit, die heute das Leben in Europa bestimmen. Die erste Strecke – „Die Front“ – beginnt im belgischen Ypern (Ieper) an dem Ort, an dem sich im Oktober 1914 die Front verfestigte und eine Ausbuchtung in den deutschen Linien formte. Auf einer fast 800 km langen Linie von der belgischen Küste bis zu den Vogesen standen die französische und die britische Armee den deutschen Streitkräften entgegen. Es begann ein langer Stellungs- und Abnutzungskrieg. In den Gebieten um Fleurbaix, Richebourg, Vimy, Arras und anderen findet man eine große Anzahl von Militärfriedhöfen, die an die erbitterten Kämpfe und die gefallenen Soldaten erinnern.

An den damaligen Kriegsschauplätzen im Nordosten Frankreichs haben die Vorbereitungen zu den Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des 1. Weltkriegs im Sommer 1914 längst begonnen. Screenshot von http://www.wegedererinnerung-nordfrankreich.com/die-wege-entdecken.html
An den damaligen Kriegsschauplätzen im Nordosten Frankreichs haben die Vorbereitungen zu den Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des 1. Weltkriegs im Sommer 1914 längst begonnen. Screenshot von http://www.wegedererinnerung-nordfrankreich.com/die-wege-entdecken.html

Ein weiterer gestalteter Weg widmet sich dem „Bewegungskrieg und die erste Zeit unter deutscher Besatzung“. Er führt von Lille über Fort de Seclin und Annoeullin (deutscher Soldatenfriedhof) bis Cambrai und Feignies. In den von der deutschen Armee eroberten Gebieten entwickelten sich verschiedene Formen des Widerstandes. 1918 starteten die Alliierten eine groß angelegte offensive und befreiten die besetzten Landesteile. Die dritte Route „Das Küstengebiet als Basis der alliierten Armeen“ konzentriert sich auf Calais, Wimereux und Montreuil-sur-Mer. Hier wird die Rolle der Häfen deutlich für den Nachschub an Truppen und Material aber auch als Standorte riesiger Krankenhauskomplexe. Route vier widmet sich dem „Wiederaufbau der zerstörten Gebiete“. „Rote Zone“ – so nannte man nach Kriegsende 1918 die Gebiete, die in den vier Jahre langen Kampfhandlungen verwüstet worden waren. Beim Wiederaufbau der Städte setzte man auf die enge Zusammenarbeit mit Architekten und versuchte, die Orte originalgetreu wieder aufzubauen. In vielen Fällen wurde der traditionelle Stil auch mit der Moderne verbunden. Sehenswert unter anderem die Städte Bailleul, Armentiéres, Lens, Arras und Cambrai. Alle vier Erinnerungsrouten erzählen Geschichte und Geschichten. Sie ehren die Männer und Frauen, die in dieser Region starben und begraben liegen. Sie gedenken auch der rund 17 Millionen Menschenleben, die der Große Krieg weltweit forderte (http://www.wegedererinnerung-nordfrankreich.com).

Günter Knackfuss

Kontakt: Edouard Roose, Comité Régional du Tourisme du Nord-Pas de Calais 6, Place Mendès France, BP 99 – 59028 Lille Cedex; FRANCE, Tél : (33) 03 20 14 57 57, Fax : (33) 03 20 14 57 58, E-mail: e.roose@crt-nordpasdecalais.fr, http://www.nordfrankreich-tourismus.com/

Titelfoto / Nordfrankreich. Das Comité Régional de Tourisme Nord-Pas de Calais erinnert mit vier „Gedächtniswegen“ in Nordfrankreich an die Opfer des Ersten Weltkrieges. / Foto: Samuel Dhote / CRT Nord-Pas de Calais

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