SOLARIS-Interpretation / Bild: PIRO4D / pixabay

Polen würdigt bedeutende Schriftsteller

In Polen werden 2021 gleich fünf runde Geburtstage von bedeutenden Literaten gefeiert. Zu ihnen gehört Stanisław Lem, einer der international bekanntesten polnischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Daneben stehen in Polen auch einige bedeutende sportliche Events auf dem Kalender. In der Hafenstadt Szczecin (Stettin) sind im nächsten Sommer zum Finale der Tall Ships‘ Races die schönsten Segelschiffe aus aller Welt zu Gast. Ein bedeutendes musikalisches Ereignis ist der Chopin-Wettbewerb, der alle fünf Jahre zu Ehren des bekanntesten polnischen Komponisten in Warszawa (Warschau) veranstaltet wird.

Bücher, die durch Kristallbildschirme ersetzt werden, Quarzplatten als Datenspeicher oder „intelligente“ Roboter – was heute längst Realität ist, beschrieb Stanisław Lem in den 1950er und 60er Jahren als Entwicklung ferner Zeiten. Dabei war dessen Lebensthema nur vordergründig „Science Fiction“. Der Schriftsteller, dessen Geburtstag sich am 12. September 2021 zum 100. Mal jährt, interessierte sich vor allem für philosophische Grundsatzfragen. Mit einer immensen Sprachgewalt zeichnete er utopische Welten, in denen er die Fehlbarkeit von Mensch und Fortschritt thematisierte.

Geboren im heute ukrainischen Lviv (Lemberg) überlebte er als Jude die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkrieges nur dank gefälschter Papiere. Nach 1945 beendete er sein Medizinstudium in Kraków (Krakau), wo er auch seine literarische Karriere begann. Nach der Ausrufung des Kriegszustandes 1981 lebte er in West-Berlin und bis 1988 in Wien. Er starb 2006 schwerkrank in Kraków, wo er auf dem Salwator-Friedhof beigesetzt wurde. Bis heute wurden seine Bücher in 45 Sprachen übersetzt und mehr als 35 Millionen Mal verkauft. Sein wohl bekanntestes Werk ist „Solaris“, die Geschichte von der Unfähigkeit des Menschen mit nicht-menschlichen Intelligenzformen umzugehen. Nach der legendären Verfilmung durch Andrei Tarkowski von 1972 brachte Steven Soderbergh den Stoff 2020 erneut auf die Leinwand.

Stanislaw Lem / Foto: Fotoarchiv Spadkobiercy
Stanislaw Lem / Foto: Fotoarchiv Spadkobiercy

Zahlreiche Kulturinstitutionen, Verlage und die UNESCO-Literaturstadt Kraków planen anlässlich des runden Geburtstages verschiedene Veranstaltungen sowie Neuauflagen seiner wichtigsten Werke. Rund um Lems Geburtstag werden zentrale Feierlichkeiten stattfinden. Federführend ist das Krakauer Festivalbüro, das bereits seit einigen Jahren das Lem-Literaturfestival organisiert.

Fast zeitgleich mit Lem wurde am 9. Oktober 1921 der auch in Deutschland bekannte Dichter und Dramatiker Tadeusz Różewicz geboren. In seiner Heimatstadt, dem zentralpolnischen Radomsko, begann er während seiner Zeit als Untergrundkämpfer gegen die deutsche Besatzung mit dem Schreiben. Sein ältester Bruder Janusz wurde damals von der Gestapo hingerichtet. Die Auseinandersetzung mit dem Grauen sowie mit den Zwangsideologien und -regimen der damaligen Zeit wurden zu bestimmenden Elementen seiner Gedichte. Sie gipfelte in seinen Bühnenstücken, die in der Tradition des Absurden Theaters stehen. Der Katholik und Sohn einer konvertierten Jüdin starb im Alter von 93 Jahren und wurde seinem letzten Willen gemäß auf dem evangelischen Friedhof der Kirche Wang in Karpacz (Krummhübel) beigesetzt.

Mit Krzysztof Kamil Baczyński und Tymoteusz Karpowicz ehrt Polen zwei weitere 1921 geborene Schriftsteller. Baczyński, der in der polnischen „Heimatarmee“ kämpfte und während des Warschauer Aufstandes 1944 erschossen wurde, hinterließ ein Werk von über 500 Gedichten und zahlreichen Erzählungen, die durch ihre Intensität die polnische Gesellschaft und Kulturszene bis heute nachhaltig beeinflussen.

Auch Karpowicz war Untergrundkämpfer und Literat zugleich. Bei Wilna, dem heutigen Vilnius, geboren, siedelte er 1945 nach Szczecin (Stettin) um. Seine literarische Tätigkeit ließ er nach der Ausrufung der Doktrin des Sozrealismus ruhen und nahm sie erst wieder mit der einsetzenden Tauwetterperiode auf. 1973 erhielt er ein Stipendium für die USA, wo er später eine Professur innehatte und bis zu seinem Tod im Jahre 2005 blieb. Sein literarisches Werk zeichnet sich durch einen hohen Grad an Sprachbewusstheit, Ironie und antitraditioneller Polemik aus.

Das „älteste“ unter den Geburtstagskindern des kommenden Jahres ist Cyprian Kamil Norwid. Der Adelsspross kam am 24. September 1821 im masowischen Laskowie-Głuchy zur Welt. Er gilt als der letzte der vier großen polnischen Romantiker. Schon früh verließ er 1842 seine Heimat, um nach Jahren des Umherreisens – unter anderem auch in die USA – seine letzten Lebensjahre arm und von Krankheit geplagt in Paris zu fristen. Teile seines umfassenden Werkes aus Lyrik, Prosa und Dramen wurden erst 1911, knapp 30 Jahre nach seinem Tod, erstmals wieder veröffentlicht. Heute zählt Norwid zu den meistgelesenen Autoren Polens.

Quelle: Polish Tourism Organisation

Titelfoto / SOLARIS-Interpretation / Bild: PIRO4D / pixabay

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