Fado ist ein starkes Element der portugiesischen Tradition. Foto: Turismo de Portugal

Den Fado in Lissabon erleben

Fado ist ein Musikstil, der vor allem in den Städten Lissabon und Coimbra beheimatet ist. Dabei kann nicht jeder Sänger jeden Fado singen, Fado aus Coimbra erfordert eine Tenor-Stimme. Zum Inhalt haben die wehmütig klingenden Lieder meist unglückliche Liebe, soziale Missständen, vergangene Zeiten oder die Sehnsucht nach besseren Zeiten. Der Fado, das Herzstück der Lissabonner Kultur und der portugiesischen Musiktradition, bleibt in seinen Ursprüngen geheimnisvoll und faszinierend. Der Fado beinhaltet unter anderem arabische Elemente, viele verschiedene Tonhöhen und viele Molltöne, und drückt jenes Gefühlsleben aus, das die Portugiesen miteinander verbinden soll.

Schicksal und Weltschmerz

Das Wort Fado bedeutet „Schicksal“, und entsprechend handelt dieser einzigartige Musikstil von intensiven Gefühlen, dem Leben der einfachen Leute und von „Saudade“, jenem nostalgischen Weltschmerz, der den Portugiesen eigen ist. Die jüngere Generation lehnt diesen allgemeinen “Weltschmerz” zunehmend ab. Dennoch ist der Fado  natürlich eine schöne Tradition. Wer einige Tage in Lissabon weilt, sollte sich unbedingt den Gesang anhören. Entweder in touristisch geprägten Lokalen, wo Fado-Auftritte zum Programm gehören oder in einem kleinen Restaurant, wo überwiegend Einheimische einkehren. Letzteres verlangt etwas Detektivarbeit und gegebenfalls einige Versuche, ist aber eindrucksvoller.

Ich konnte vor einigen Jahren einen älteren Koch in einem kleinen Restaurant erleben, der seinen Gästen Fado vorsang und Gedichte rezitierte. Als Ergebnis habe ich das folgende Video erstellt: Hier lässt der Koch in seine Töpfe schauen und singt noch selbst. Video auf Youtube.

Lissabon ist die Stadt des Fado. Foto: Ingo Paszkowsky
Lissabon ist die Stadt des Fado. Foto: Ingo Paszkowsky

Geburtsort des Fado

Die Mouraria gilt als Geburtsort des Fados. Das Lissaboner Viertel, das im 12. Jahrhundert durch die Vertreibung der maurischen Bevölkerung entstand, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem multikulturellen Schmelztiegel. Heutzutage kann man sich auf der Rua do Capelão, der Straße, auf der jahrelang die erste Fadosängerin Maria Severa lebte, auf Spurensuche begeben. Auch die Rua Vicente Borga, wo die Fadosängerin geboren wurde, sollte auf jeder Route des Fado durch Lissabon besichtigt werden.

Amália Rodrigues wichtigste Botschafterin des Fado

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In den acht Räumen der Ausstellung werden unterschiedliche thematische Umgebungen geschaffen, die die verschiedenen Dimensionen von Amália beleuchten – künstlerisch, sozial, persönlich und international. / © Ah Amalia Exhibition

Die goldene Ära des Fado begann in den 40er Jahren, mit Stars wie Amália Rodigues, die den Fado weltweit bekannt machten. Im Stadtteil Marvila können Interessierte in der Ausstellung „Ah, Amália – Living Experience“ den tiefgreifenden Einfluss, den die Fadista auf die portugiesische Kultur bis heute hat, hautnah miterleben. Amália Rodrigues gilt als wichtigste Botschafterin des Fado und leistete einen wesentlichen Beitrag zur Modernisierung des Fado. Auch das 1998 gegründete Museu do Fado bietet faszinierende Einblicke in das traditionelle Musikgenre. Das Museum ist ein bedeutender Anziehungspunkt für Touristen und Einheimische, die sich für die tiefen kulturellen Wurzeln und die emotionale Ausdruckskraft des Fado interessieren.

Eingang zur Austellung Ah, Amália
Lissabon präsentiert seit Mai 2024 eine neue, einzigartige Ausstellung, die der unvergesslichen Fado-Diva Amália Rodrigues gewidmet ist. / © Ah Amalia Exhibition

Hommagen an das Musikgenre im Stadtbild

Heute wird diese Tradition von einer neuen Generation fortgeführt, die frische Elemente einbringt, ohne den ursprünglichen Charakter zu verlieren. Es gibt zahlreiche Fado-Häuser und Restaurants in der Stadt, in denen Besucher die Magie des Fado erleben können. Und auch in den Straßen Lissabons finden sich an vielen Ecken Hommagen an das Musikgenre. Die Escadinhas de S. Cristóvão, eine Mauer die von Graffitis zum Fado geschmückt ist, ist nicht nur ein Tribut an das Viertel Mouraria, sondern auch an die Musik selbst.

Ein weiteres Straßenkunstwerk finden Interessierte in der São Tomé, denn dort kreierte der berühmte Straßenkünstler Vhils in Zusammenarbeit mit den Steinsetzern Lissabons ein Bildnis der unvergessenen Fadosängerin Amália Rodrigues aus Pflastersteinen.

Fado in Lissabon
Zur Weihnachtszeit treten auch die Fado-Interpreten häufiger auf. Foto: Ingo Paszkowsky

2011 wurde der Fado in die „Repräsentative Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit“ der UNESCO aufgenommen. Im 19. Jahrhundert in den Armenvierteln Lissabons und Coimbras entstanden, entwickelte sich der Fado zu einer gelebten Tradition und zu einem starken Element der portugiesischen Identität. Er zieht sich durch unterschiedliche Bereiche der portugiesischen Kultur. In der Begründung der UNESCO heißt es: “Der Fado ist eine musikalische und lyrische Ausdrucksform von großer Vielseitigkeit, der das Gefühl der Zugehörigkeit und Identität innerhalb der Lissaboner Gemeinschaft verstärkt.“ Beim immateriellen Weltkulturerbe geht es um gelebte Traditionen. Bislang gehörten zu diesem Erbe unter anderem der Flamenco und die Mittelmeerküche.

Ingo Paszkowsky

Titelfoto / Fado ist ein starkes Element der portugiesischen Tradition. / Foto: Turismo de Portugal

(Der Beitrag wurde erstmals im Juni 2012 veröffentlicht und seitdem aktualisiert.)


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