Mallorca am Ende der Hauptsaison – gute Idee? Jein. Während Orte wie Valldemossa oder Deià auch im Spätsommer aus allen Nähten platzen, gibt es Ecken, in denen die Insel durchatmet: stille Parks, glasklare Buchten, Abende im Hafenlicht. Hier mein Wochen-Report zwischen Stadtflair, Bergstraßen und Meersalz.
Palma zum Warmlaufen

Erst grün, dann Meer: Parc de les Estacions, Parc de la Mar und der Bummel über den Passeig del Born führen ins Herz von Palma. Im zeitgenössischen Museum Es Baluard blinzelt Kunst in die Sonne, drinnen gibt es noch mehr zu sehen; die Llotja de Palma erzählt vom Handel mit der Welt; im Hort del Rei plätschern Wasserläufe unter Bäumen. Vorbei an der Plaça de Cort und Neo Cultural – und zum Auftakt etwas Essen & Trinken im Mallorca Delicatessen, Plaça Weyler 10. Daneben liegt die sehr bekannte Bar Central und noch mal gleich daneben die berühmte Bäckerei Forn des Teatre.
Durch die Tramuntana: Landgut, Garten, Bergstraße

Das Landgut Raixa ist Lehrbuch-Mallorca: Terrassen, Zypressen, Wassertechnik. Ein Tal weiter duftet es im Jardí Botànic de Sóller nach Mittelmeer und Hochgebirge. Zurück nach Palma über die Serpentinen statt durch den Tunnel – Filmkulisse mit Ausblicken auf den Puig Major (höchster Berg der Insel, militärisch gesperrt).
Badestopp mit Ohrwurm
Illetes sind mehre Strände; das Wasser ist von herausragender Qualität. Danach Musik & Sand an den Fußsohlen in der Strandbar Nanai Beach.

Valldemossa, Deià & Co.: Schön, berühmt, voll
Valldemossa ist Postkarte pur – und beliebt. Im Kartäuserkloster erinnern George Sand & Frédéric Chopin an ihren wenig romantischen Winter auf der Insel. Für den Panorama-Kontrast geht es zur Felsspitze Sa Foradada: Logenplatz über dem Meer.

In Deià: Parkplatzlotterie verloren, dafür in Esporles gewonnen – kleiner, entspannter, lecker gegessen im Restaurante Es Brollador.
Palma intensiv: vom Hafen bis in die Badestube
Zwischen Porto Pi, Marina Moll Vell und Passeig Marítim reiht sich Palma ans Wasser. El Terreno erzählt vom Bohème-Viertel vergangener Tage; die Arabischen Bäder sind ein stiller, kühler Zeitsprung. Und über allem schwebt La Seu – morgens golden, abends kupfern.
Tipp: Abzweig in die Jardins de sa Quarentena – Hangpark mit Florett-Seidenbaum (Ceiba speciosa) und Hafenblick.

Südwestflair: Port d’Andratx und Sant Elm
Port d’Andratx trägt das mediterrane Lebensgefühl offen zur Schau: Yachten, Terrassen, Sonnenuntergänge. Sant Elm (Sant Telmo) schaut hinüber zur Insel Dragonera – gegessen im Restaurante Vistamar. Mehr braucht ein Tag nicht.

Overtourism: zwischen Lebensqualität und Lebensgrundlage
Mallorca lebt vom Tourismus – und ringt mit ihm. Viele Insulaner fordern weniger Besucher in der Hochsaison, klare Regeln für Ferienwohnungen und bezahlbaren Wohnraum. Hotellerie, Gastronomie und Services hängen gleichzeitig am Saisonumsatz. Die Folge: ein Balanceakt aus Regulierungen, Besucherlenkung und Debatten – von Kreuzfahrtstopps bis Wasserverbrauch.
Was Gäste tun können: früh starten, öffentliche Busse nutzen, Müll mitnehmen, Wasser sparen, lokale Betriebe unterstützen und Hotspots nur kurz, unbekanntere Orte länger besuchen.

Die Kathedrale wurde ab dem 13. Jahrhundert errichtet, nachdem König Jaume I. Mallorca von den Mauren erobert hatte. Sie gilt als eines der bedeutendsten gotischen Bauwerke Spaniens. Besonders beeindruckend sind die riesigen Glasfenster, darunter das berühmte „Auge der Gotik“, eine der größten Rosetten Europas. Im 20. Jahrhundert war auch Antoni Gaudí an der Gestaltung beteiligt. / Foto: Ingo Paszkowsky
Sprache, Identität, Politik: das mallorquinische Sowohl-als-Auch
Auf der Insel sind Katalanisch (Mallorquí) und Spanisch Alltag. Im Gespräch begegnen sich verschiedene Haltungen: kulturelle Nähe zum katalanischen Sprachraum und Sympathie für mehr Selbstbestimmung hier, Betonung der balearischen Eigenheit oder der Einheit Spaniens dort. Mallorca ist kein Monolith – und eben das macht Begegnungen spannend.

Fazit: Lohnt Mallorca Ende September?
Ja – mit Strategie. Warmes Meer, mildes Licht, lange Abende. Wer früh loszieht, Kreuzfahrttage meidet und Alternativen wie Esporles statt Deià wählt, erlebt die Insel entspannt. Wer die völlig leere Postkartenkulisse sucht, stößt auch im Spätsommer an Grenzen. Mein Rezept: Hotspots kurz, Lieblingsplätze lang.
Ingo Paszkowsky
Titelfoto / Ende September baden? Aus Mallorca kein Problem. Am Strand von Ciudad Jardín, Vorort von Palma. / Foto: Ingo Paszkowsky
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