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Kann man wieder nach Nepal reisen?

Ob die Gebäude und Straßen sicher sind und ob die kulturellen Höhepunkte noch genauso erlebbar sind wie vor dem Erdbeben – diese ungeklärten Fragen halten viele von einem Nepal-Urlaub ab. Und wer die Reisehinweise des Auswärtigen Amts (Stand 24.9.2015) liest, bekommt fast ausschließlich Warnungen präsentiert. Beispielsweise diese: Von nicht notwendigen Reisen in die von den Erdbeben am schwersten betroffenen Distrikte wird weiterhin abgeraten: Humla, Mugu, Dolpa, Mustang, Manang, Lamjung Gorkha (inkl. Manaslu-Trekkingregion), Dhading, Rasuwa (inkl. Langtang), Nuwakot, Sindhupalchok, Kavrepalanchok, Dolakha, Ramechhap, Okhaldhunga, Solukhumbu (inkl. Everst Base Camp und Trekkingrouten in der Everest-Region) sowie Sankhuwasabha and Taplejung.

Oder diese: Von Reisen in die von Protestaktionen und Streiks betroffenen Distrikte des Terai wird abgeraten. Am 24.08.2015 sind im westlichen Distrikt Kailali bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Tharuhat-Bewegung und Sicherheitskräften zehn Menschen ums Leben gekommen (darunter sieben Polizisten).

Dabei ist der Tourismus elementar wichtig für das ärmste Land Asiens. Der Bauingenieur und freiwillige Helfer Dirk Wittler und Ury Steinweg, Geschäftsführer des Reiseveranstalter Gebeco, finden, dass man wieder nach Nepal reisen sollte und erläutern in einem Interview die Situation vor Ort.

Gebeco veranstaltet seine ersten Reisen nach dem Erdbeben in Kürze. Doch auch Monate später ist der Buchungseingang verhalten, klagt der Reiseanbieter. Der Bauingenieur Dirk Wittler reiste im Juli ins Kathmandutal, um als freiwilliger Helfer rund 70 Hotels, Schulen, Privathäuser und Klöster hinsichtlich ihrer Statik zu bewerten. Da alle verfügbaren nepalesischen Ingenieure mit dem Begutachten von öffentlichen Gebäuden und Schulen beauftragt wurden, ist Nepal auf Ingenieure aus dem Ausland angewiesen. Mit 24 Jahren Berufserfahrung und mehr als zehn Jahren Planungserfahrung mit Bauten in Erdbebengebieten wie der Türkei, Georgien und Saudi-Arabien, ist Dirk Wittler ein Experte. Besonders am Herzen liegt ihm aber, die negativen Bilder aus den Köpfen der Deutschen zu verbannen und sie für eine Nepal-Reise – gerade jetzt – zu begeistern.

Foto: Gebeco / Brian W. Skyum
Foto: Gebeco / Brian W. Skyum

Herr Wittler, wann waren Sie in Nepal und welches Bild konnten Sie sich vor Ort machen?

Wittler: Ich reiste sechs Wochen nach dem letzten, schweren Erbeben nach Nepal, um zu helfen. Die Lage vor Ort war schon da um einiges besser als in den Medien dargestellt. Als ich von der White Gumba über das Kathmandutal schaute, fragte ich mich, wo denn hier ein Erdbeben war. Es ist ein Häusermeer ohne Lücken zu sehen. Die Erdbeben haben in erster Linie Wohnviertel mit alter Bauweise schwer getroffen. Kathmandu besteht aber hauptsächlich aus Bauten mit neuerer Bauweise, die bis auf wenige Ausnahmen die Erdbeben gut oder sogar sehr gut weggesteckt haben. Auch wenn ich sechs Wochen nach dem Beben noch oft provisorische Zelte, ja auch Schutt und Trümmer gesehen habe, erkannte ich das Bild aus den deutschen Medien nicht wieder. Und nun ist wieder einmal mehr Zeit vergangen, die für den Wiederaufbau genutzt wurde. Von daher: Reisende sollten sich nicht abschrecken lassen von den Bildern der Fernsehkameras, die sich nur auf die Trümmerhaufen und das Leid gerichtet hatten. Jetzt, wo Nepal sich in die Normalität zurückkämpft und der Alltag mehr und mehr Einzug erhält, sind die Bilder ganz andere.

Sind Gebeco-Reisen ohne Einschränkung durchführbar? Welchen Schaden haben die touristischen Sehenswürdigkeiten genommen?

Steinweg: Alle von Gebeco genutzten Hotels wurden bautechnisch untersucht und freigegeben. Der Flughafen und alle touristisch relevanten Straßen sind intakt. Die für unsere Gruppenreisen nötige Infrastruktur ist wiederhergestellt. Auch in kulturhistorischer Hinsicht sind die Schäden nicht so gravierend, wie anfangs angenommen. Viele wichtige touristische Sehenswürdigkeiten sind unbeschadet. Im Kathmandutal, wo sich Tempel und Königsplätze der anderthalb Jahrtausende alten Kultur aneinanderreihen, haben das Beben fünf von sieben UNESCO-Weltkulturdenkmäler überstanden. Den Königstempel auf dem Durbar Square hat es schwerer getroffen, der Kasthamandap-Tempel ist zerstört. Aber das Gesamt-Ensemble an Tempeln auf dem Durbar Square ist nach wie vor beeindruckend. Die auf den üblichen Touristenpfaden befindlichen Orte wie der Chitwan-Nationalpark und Pokhara sind von Anfang an unbeschadet geblieben. Auch die Wanderrouten, die wir bei unseren Aktivreisen nutzen, blieben unversehrt.

Damit erhalten unsere Gäste wie auch vor dem Erdbeben ein umfassendes Bild von Nepal – von der Kultur, von den Menschen, von der Natur. Zu behaupten, Nepal-Urlauber würde eine heile Welt erwarten, wäre illusorisch. Sicher müssen sie vereinzelt mit abgestützten Häuserfassaden und Schutthaufen rechnen. Das Reiseerlebnis wird dadurch aber nicht geschmälert – das touristische Gesamtbild stimmt. Insgesamt hat Gebeco sieben Nepal-Reisen im Programm. Alle Reisen bieten wir wieder an.

Halten Sie Reisen nach Nepal für sicher?

Wittler: Als Bauingenieur und freiwilliger Helfer war ich in Teilen von Kathmandu, Patan, Bhaktapur und Umgebung, in der Nagarkot-Gegend und in Panauti unterwegs. Insgesamt habe ich rund 70 Wohnhäuser unterschiedlichster Bauweisen und -arten, zwei Klöster, fünf Hotels und einen Palast überprüft und das offizielle „Rapid Evaluation Assassement Sheet“ ausgestellt – meist mit der „Green“- oder „Yellow“- Bewertung, selten mit „Red“. Meiner Ansicht nach hat durch die Magnituden vom 7.6. und 7.8. eine Auslese stattgefunden. Einfach ausgedrückt: Welches Haus bei den Beben nicht zusammengestürzt ist, wird auch ähnlichen Erdbeben standhalten. Die Innenstadt Bhaktapurs ist schwerer getroffen. Hier sind, soweit ich sehen konnte, alle unsicheren Gebäude geschlossen und, oder mit Schrägstützen gesichert, sodass jeder mit gesundem Menschenverstand einen Bogen darum machen wird. Sicherlich sieht es über Land, in den Dörfern anders aus. Aber für Urlauber in touristischen Gebieten sehe ich kein Sicherheitsproblem. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass das Risiko in Kathmandu oder Bhaktapur von einstürzenden Häusern erschlagen zu werden, genauso hoch ist wie in Dortmund oder Berlin im Straßenverkehr zu verunglücken.

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Empfinden Sie die Wiederöffnung der historischen Stätten im Kathmandu-Tal als vorschnell?

Wittler: Wie sich die Regierung auch entscheidet – sie wird für die eine, wie auch für die andere Entscheidung kritisiert werden. Ich kann nur für den Durbar Square in Patan und in Bhaktapur sprechen: Hier sind die unsicheren Gebäude an den stabilisierenden Schrägstützen gut zu erkennen. Wir können einen Bogen um diese machen.

Ist es moralisch verwerflich, in ein von Unglück gepeinigtes Land zu reisen?

Steinweg: Keinesfalls. Wer Nepal helfen will, sollte dort Urlaub machen. Mehr als 8000 Menschen haben ihr Leben verloren. Die, die überlebt haben, möchten nicht auch noch ihre Lebensgrundlage verlieren. Ein Großteil der Bevölkerung lebt nämlich direkt oder indirekt vom Tourismus. In 2014 zählte Nepal 800.000 Touristen. Dazu wird es in diesem Jahr nicht mehr ansatzweise kommen. Weniger Touristen heißt weniger Geld. Geld, das die Nepalesen dringend für den Wiederaufbau ihrer Häuser brauchen.

Was nehmen Sie aus Ihrer Zeit in Nepal mit?

Wittler: Früher machten der mittelalterliche Charakter, die Tempelplätze und die einfachen Dörfer für mich den Reiz Nepals aus. Jetzt – nach meiner Erfahrung als freiwilliger Helfer – sind es die wunderbaren Menschen. Durch sie hat mich das Land tief emotional gepackt. Die zwei starken Erdbeben in nur 17 Tagen Abstand haben den Nepalesen in jeder Hinsicht den Teppich unter den Füßen weggezogen. Doch sie nehmen das Unglück als Teil des Lebens an und versuchen, tapfer weiter zu machen. Sie jammern nicht. Das beeindruckt und macht mich nachdenklich. Ich bin froh, so vielen durch meine Anwesenheit gezeigt zu haben, dass die Menschen in Nepal nicht von dem Rest der Welt vergessen sind. Und durch meine helfenden Hausbewertungen und Reparaturempfehlungen konnte ich so vielen Familien einen Neustart ermöglichen. Das Land und die Leute sind mir jetzt näher als je zuvor. Ich kann nur alle Interessierten bitten, dieses Land zu bereisen. Das Zeichen, das wir damit setzen, ist so wichtig: Ihr seid nicht vergessen.

Und wie hilft Gebeco?

Steinweg: Noch immer leben viele mittellose Familien in provisorischen Zelten, haben kein festes Dach über dem Kopf und Schüler müssen im Freien unterrichtet werden. Für uns steht fest: Wir möchten uns am Wiederaufbau beteiligen, prüfen derzeit konkrete Projekte. Wie auch Herr Wittler sind wir der Ansicht, dass die Menschen ein Land prägen – daher unterstützt Gebeco weltweit Projekte, die der einheimischen Bevölkerung zugute kommen. Auch das zukünftige Projekt in Nepal soll den Menschen direkt helfen. Ich wünsche mir, dass wir mit dem neuen Hilfsprojekt vielen Menschen eine Perspektive geben können.

Foto: Gebeco / Thomas Bohlander
Foto: Gebeco / Thomas Bohlander

Intrepid: Erträge aller Nepal-Reisen wandern in Spendentopf

Der Spezialist für weltweite Abenteuer-, Aktiv und Erlebnisreisen wird die Erträge seiner Nepal-Reisen von September 2015 bis Mai 2016 bis zu einem Betrag von 1.000.000 australischen Dollar (etwa 695.000 Euro) an regionale und internationale gemeinnützige Projekte in Nepal spenden. Die Aktion „Namaste Nepal” will Gäste motivieren, in die gebeutelte Region zurückzukehren, sobald dort wieder Reisen aus dem Programm von Intrepid Travel durchgeführt werden.

Von der eigenen Non-Profit-Stiftung The Intrepid Foundation sind bereits 400.000 australische Dollar (etwa 278.000 Euro) in die Soforthilfeprogramme der Kinderhilfsorganisation Plan International geflossen, um betroffene Kinder und Familien in Kathmandu und Umgebung zu unterstützen. Weitere 600.000 australische Dollar (417.000 Euro) sollen nun durch zusätzliche Spenden, insbesondere aber durch Intrepid Travels Verzicht auf die Gewinnmarge aus dem Verkauf von Nepal-Reisen mit Abreise zwischen 1. September 2015 und 31. Mai 2016, zusammenkommen. Über die Intrepid Foundation wird das Geld an ausgewählte Wohltätigkeitsorganisationen verteilt, darunter KEEP, ein Projekt, das sich für das Wohlergehen, den Schutz und die Ausbildung von Sherpas einsetzt.

Mit mehr als 26 Jahren Präsenz in Nepal und rund 200 einheimischen Mitarbeitern ist Intrepid Travel dem Land und seinen Bewohnern eng verbunden. “Wir sind überwältigt von der Großzügigkeit unserer Travel Community. Den Menschen liegen Nepal und die Nöte des nepalesischen Volkes am Herzen – so wie uns“, sagt James Thornton, Managing Director bei Intrepid Travel. „Die Frage ist: Wie kann ich helfen? Die Antwort darauf ist einfach. Das Beste, was wir tun können, ist, nach Nepal zu reisen. Der Tourismus ist Nepals größter Industriezweig und Arbeitgeber – das Land braucht Touristen um wieder auf die Beine zu kommen. Als einer der größten Veranstalter in Nepal möchte Intrepid auch beim Wiederaufbau des Landes eine tragende Rolle einnehmen und dem Land helfen, wenn es uns am nötigsten braucht.“ Für Thornton bedeutet das: “Jeder Reisende, jeder Trekking-Kunde, jede Person, die Nepal besucht, trägt unmittelbar mit dazu bei, den Wiederaufbaueffekt zu verstärken und der Region zu helfen.“

Weitere Informationen: www.intrepidtravel.com/return-nepal sowie #NepalNeedsYou. Auch unter www.theintrepidfoundation.org kann für Nepal gespendet werden. Intrepid Travel deckt alle administrativen Kosten.

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Quelle: Gebecco, Intrepid Travel

Titelfoto / Gebeco / Brian W. Skyum


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