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Frankreich: Lyonel Feininger in der Normandie

Austellung: Lyonel Feininger, Vermesser der Welt aus der Sicht eines Sammlers, vom 18. April bis zum 31. August 2015 im MuMa – Musée d’art moderne André Malraux – Le Havre

Nach den Ausstellungen „Auf dem Weg zum Bauhaus-Künstler. Lyonel Feininger. Holzschnitte” in der „Lyonel-Feininger-Galerie” des „Museums für grafische Künste” Quedlinburg (September 2013 bis Januar 2014) sowie „Lyonel Feininger-Holzschnitte eines Bauhaus-Künstlers” in der Kunsthalle Emden (Januar bis Mai 2014) organisiert nun das „Musée d’art moderne André Malraux” (MuMa) in Le Havre/Frankreich (Normandie) seinerseits eine Ausstellung zu Ehren dieses bedeutenden Malers des 20. Jahrhunderts, der zu Lebzeiten einer der berühmtesten deutschen Künstler war.

Vom 18. April bis zum 31. August 2015 wird das MuMa Le Havre 139 Werke des in Frankreich bisher eher unbekannten Malers zeigen, mit vier Gemälden, 24 Aquarellen, 22 Zeichnungen sowie 89 Drucken, die Feiningers gesamtes Kunstschaffen aus den Jahren 1907 bis 1949 illustrieren. Die großzügige Unterstützung eines leidenschaftlichen Sammlers ermöglicht nun erstmals eine Ausstellung auf französischem Boden. Diese von einem Sammler zusammengetragenen Arbeiten spiegeln Feiningers Biographie und seine Vorlieben, indem sie bewusst die Aufmerksamkeit auf das grafische Werk und die Serie der in nur knapp vier Jahren am Bauhaus zwischen 1918 bis 1922 geschaffenen Holzschnitte lenken. Mit diesem anrührenden und höchst poetischen Werk präsentiert die Ausstellung einen Künstler, der sich mit den Zeitläufen sowie mit den Überzeugungen und Utopien seiner Zeitgenossen auseinandersetzte, und die ihn dazu brachten, sich an der Gründung des Bauhauses zu beteiligen, während er gleichzeitig sein einzigartiges, äußerst kohärentes Schaffen sein ganzes Leben hindurch weiterverfolgte.

Lyonel Feininger (1871-1956) wurde in New York in einer deutschen Musikerfamilie geboren, er verbrachte zudem die meiste Zeit seines Lebens in Deutschland, wohin er 1887 übersiedelte, bis zu seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten im Jahre 1937. Nachdem er zunächst als Karikaturist und Comiczeichner für amerikanische und deutsche Zeitungen gearbeitet hatte, festigte er ab 1910 seinen Ruf als Maler; er stand in Kontakt mit der europäischen Avantgarde (in Paris entdeckte er den Kubismus, in Deutschland „Die Brücke“, den „Blauen Reiter“, die „Berliner Secession“…). Er entwickelte damals einen vom Kubismus und dem deutschen Expressionismus beeinflussten Stil.

IV B Manhattan, 1937, Aquarellierte Federzeichnung Tusche) auf Büttenpapier. Privatsammlung. ©Adagp, Paris, 2015
IV B Manhattan, 1937, Aquarellierte Federzeichnung Tusche) auf Büttenpapier. Privatsammlung. ©Adagp, Paris, 2015

1919 gründete der Architekt Walter Gropius das Bauhaus in Weimar. Lyonel Feininger war an seiner Seite und illustrierte das Titelblatt des ersten Bauhaus-Manifestes mit einem Holzschnitt („Kathedrale“), der auch in der Ausstellung zu sehen sein wird. Der Künstler wurde einer der ersten „Bauhaus-Meister“ neben Gerhard Marcks und Johannes Itten. Feininger wurde dann zunächst von Gropius als künstlerischer Leiter der grafischen Werkstätten am Staatlichen Bauhaus in Weimar berufen. Auch wenn er sich allmählich von der Bauhaus-Schule distanzierte, vor allem nach seiner Übersiedlung zunächst nach Dessau und anschließend nach Berlin, und auch wenn er seine ganz persönlichen künstlerischen Erkundungen weiterführte, so hielt er doch auch den Verfechtern des Bauhauses die Treue.

Wie viele Künstler, deren Kunst von den Nazis für „entartet“ erklärt wurde, so floh auch Feininger aus Deutschland und kehrte nach fünf Jahrzehnten in die Vereinigten Staaten zurück. Dort erhielt er Aufträge für monumentale Wandbilder für die New Yorker Weltausstellung 1939; im darauf folgenden Jahr begann er mit einer Reihe von Manhattan-Bildern, welche die moderne Wolkenkratzerarchitektur zum Thema hatten. Am Ende seines Lebens bezog er sich in seinen Kompositionen auf frühere Arbeiten und die Erinnerung an seine „wertvollsten Erlebnisse“, aber er zehrte auch von seiner fotografischen Erfahrung. Lyonel Feininger verstarb 1956.

Sein ganzes Leben hindurch blieb Feininger dem Motivischen verbunden. Ob in Paris, wo sich Feininger mehrmals aufhielt und wo er mit „Fauves“ und Kubisten verkehrte, oder auf dem Lande in Thüringen, wo er gerne wanderte, aber auch an der Ostsee, wo er von 1924 bis 1935 den Sommer verbrachte und schließlich in New York, wohin er am Ende seines Lebens zurückkehrte, überall bekräftigte der Maler seine Vorliebe für Stadt- oder Dorfszenen, die Architektur und die maritime Welt.

Pariser Häuser, 1919, Holzschnitt auf Japanpapier, Privatsammlung. ©Adagp, Paris, 2015
Pariser Häuser, 1919, Holzschnitt auf Japanpapier, Privatsammlung. ©Adagp, Paris, 2015

Nach der Entscheidung, sich ausschließlich auf die künstlerische Laufbahn zu konzentrieren, führte ihn seine frühe Erfahrung als Karikaturist und Zeichner humorvoller Comics für die Presse zur Entwicklung seines grafischen Werkes; Feininger begann, sich mit der Kunst der Druckgrafik zu befassen (Lithographien, Radierungen, Holzschnitte), parallel zur Malerei.
Von Feininger bevorzugte Motive durchziehen sein Werk, die er immer wieder nach Belieben in verschiedenen Techniken bearbeitete. Für Feininger blieben auch in den Vereinigten Staaten die erinnerten Motive aus Deutschland wichtige Bildthemen, zudem bezog er auch dort immer wieder Anregungen von seinem eigenen Werk. Oft füllen Figuren den Bildraum: gleichförmige, lang gestreckte Silhouetten, die Feiningers romantischer Vorstellungswelt entspringen und die stets in Eile oder in Bewegung erscheinen, Schelmen-Gestalten, Wanderer am Meer, eckige, behütete Profile auf den Holzschnitten…

Vielleicht noch mehr als Paul Klee, sein Freund und enger Begleiter am Bauhaus, reiht sich Feininger in die Tradition der deutschen romantischen Malerei ein, dies zeigt sich besonders deutlich in seinen Meeresbildern, fast gewollt erscheinenden Neuinterpretationen von Caspar David Friedrichs Gemälden. Bei ihm wie bei Friedrich wird die menschliche Gestalt fast immer stark verkleinert; sie scheint auch völlig versunken in der Betrachtung des geheimnisvollen Lichtes Norddeutschlands sowie dieser „Schiffe, die wie Geister-Schiffe auf Häfen zusteuern, welche zu einer eher geistigen als irdischen Geographie gehören“. Allerdings wirft Feininger, und darin liegt der Unterschied zu den romantischen Malern wie auch zu seinen Zeitgenossen von der „Brücke“ (Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff…), die die Holzschnitttechnik ab 1905 wieder salonfähig machten, einen eher liebevollen Blick auf die Welt, welcher in der Poesie, der Fantasie und auch in dem Befremdlichen zum Ausdruck kommt, die die Originalität seines Schaffens ausmachen. Hat Feininger nicht auch selbst von seinem „glücklichen kindlichen und fantasievoll-bizarren Universum“ gesprochen?

 

MuMa – Musée d’art moderne André Malraux – Le Havre
2 boulevard Clemenceau |F – 76600 Le Havre/Frankreich
Tel.: +33/ (0)2 35 19 62 77 | Fax: +33/ (0)2 35 19 93 01
contact-muma@lehavre.fr| www.muma-lehavre.fr

Öffnungszeiten und Eintrittspreise:
Täglich außer Dienstag (Ruhetag) 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr/ Samstags und sonntags 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr.

Die Ausstellung ist geschlossen am 1. Mai sowie am 14. Juli 2015.

Erwachsene: 5€ | Ermäßigt: 3€ | Eintritt frei: Kinder und junge Leute bis 26 Jahre sowie an jedem ersten Samstag des Monats.

Titelbild / Dreimaster, 1934, Aquarellierte Federzeichnung (Tusche) auf Büttenpapier, Privatsammlung. / ©Adagp, Paris, 2015 ©Maurice Aeschimann

 

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